WiYou . Wirtschaft und Du . Ausgabe 2­2013
Titel
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zappelt. Schon juckt und krabbelt es mich überall und während Sabine
Heuschrecken umfüllt, halte ich gebührend Abstand und bin froh, als wir wie­
der an der frischen Luft sind.
Dann doch lieber putzen.
Manche Aufgaben stehen täglich an, die Raubtier­
käfige säubern zum Beispiel, andere verteilen sich auf die Woche oder größere
Abstände. Mal wird der Schauraum ausgespritzt, mal bei den Erdmännchen
alles in Ordnung gebracht. Für heute stehen die Löffelhunde auf dem Pro­
gramm, der Sand in ihrem Gehege wird von Unrat befreit und angefeuchtet.
Die Luft wird durch das Wasser schnell feucht und durch den feinen Staub sti­
ckig. Im Sommer ist das sicher kein Vergnügen. Vor allem, da dann gleich noch
die Scheiben von innen geputzt werden müssen. Bei der Größe der Anlagen
kommt da am Tag schon einiges an Fläche zusammen, was gekehrt, gewischt,
abgewaschen, aufgeräumt und poliert werden muss. Und normalerweise
macht Sabine das alles allein. „Man muss wissen, dass Tierpflege auch viel
Arbeit um die Tiere herum bedeutet, vielen ist das nicht klar, wenn sie sich für
diesen Beruf entscheiden“, weiß Sabine aus Erfahrung. Sie arbeitet schon seit
37 Jahren als Tierpflegerin und findet: „Es macht natürlich wahnsinnig viel
Spaß, wenn man Tiere mag, aber es ist eben auch eine körperlich anspruchs­
volle Arbeit. Man läuft sehr viel, trägt und hebt schwer, muss sich mal bücken,
mal strecken und sitzt nur in den zwei Pausen.“
Ich schau auf meine Uhr: Der Feierabend ist in Sicht.
Wir machen uns auf zur
letzten Fütterung für heute. Für die Erdmännchen gibt es tote Babyratten. Ich
kehre lieber noch ein bisschen und ziehe mein persönliches Fazit: Was für die
Zoobesucher ein tierisches Vergnügen ist, ist für die Tierpfleger richtig harte
Arbeit. Es macht wirklich Spaß, aber ich freue mich trotzdem wieder auf mei­
nen eigenen Job. (mü)
Futterschale. Fertig, das war die erste Runde – aber kein Grund zur Pause. Ich
werde mit Putzutensilien ausgestattet und lerne: Tierpfleger kümmern sich
nicht nur um die Tiere, sondern auch um deren Gehege und die Besucher­
räume. Nachdem mir Sabine ihren Streifenfreiprofischwung mit dem
Fensterabzieher erklärt hat, befreie ich alles, was aus Glas ist (gefühlt mehrere
Quadratkilometer) von Fingerabdrücken und Schmierflecken. Ich komme da­
bei ganz schön ins Schwitzen und hoffe, dass niemand gesehen hat, wie ich
vor Schreck den Lappen fallen ließ, als Joco, der mich beim Putzen an seinem
Bereich ganz genau beobachtet, plötzlich von innen gegen die Scheibe sprang.
Dann ist es neun Uhr und Frühstückzeit für uns.
Eine knappe halbe Stunde später wird schon wieder gefüttert.
Die „Kleinen“
bekommen ihr zweites Frühstück. Die Löffelhunde dürfen sich auf Heuschre­
cken freuen. Lebende natürlich. Und die gibt es aus der Hand, auch aus mei­
ner. Tapfer schnappe auch ich mir eine der unglücklichen Schrecken und stre­
cke sie ihrem Ende entgegen. Nicht so schön, aber noch relativ ungefährlich.
Anders der Gefahrenbereich, den wir dann betreten. Jetzt gibt es nur noch ein
Gitter zwischen mir und den riesigen Raubtierfangzähen. Sabine lockt die
Löwen nach drinnen und schließt die Schieber zum Außengelände. Das ist jetzt
frei für uns. Die Zäune müssen jeden Tag kontrolliert und der ein oder andere
Haufen (und es sind wirklich Haufen, kein Vergleich zum heimischen Katzen­
häufchen) aufgesammelt werden. Mehr als wegen des leichten Ekelfaktors –
im Sommer riecht es sicher mehr – wird mir wegen der wachsenden Entfer­
nung zur Tür flau im Magen. Dort lang zu laufen, wo eben noch drei Löwen
saßen, ist schon ein komisches Gefühl, vor allem, da sie mich durch die
Glasscheibe des Schauraums beobachten.
Ich bin froh, als wir die Tür wieder von innen schließen.
Allerdings nur kurz.
Denn dann wartet der Schauraum. Die Löwen werden wieder ausgesperrt und
ich kehre die löw´schen Hinterlassenschaften, Tierhaare und Knochenreste
zusammen. Von der ungewöhnlichen Perspektive hier auf der anderen Seite
der Scheibe (durch die mich enttäuschte Besucher anstarren: „Wo sind denn
die Löwen?“) lenken mich die Kratzgeräusche der eigentlichen Bewohner an
den Schiebern ab. Ich kehre ein bisschen schneller. Sie brüllen, ich kehre noch
ein bisschen schneller und verschwinde dann wieder hinter der dicken Stahl­
tür. Sabine ist derweil in der Küche beschäftigt, mit einem Beil! Sie zerteilt die
rohen Fleischberge in Fleischbrocken.
Die Löwenfütterung ist auch für die Besucher immer ein Highlight, deshalb
findet die nicht hinten in den Käfigen, sondern vorn im Schauraum statt.
Während dort gespeist wird, gehen wieder die Schieber zu und wir können
nun die Käfige und die Gänge davor säubern. Auch dabei müssen strenge
Sicherheitsvorschriften eingehalten werden. Es darf immer nur ein Käfig nach
dem anderen aufgeschlossen werden. „Man muss hier schon immer ganz bei
der Sache sein, ein Fehler, eine Unachtsamkeit kann tödliche Folgen haben“,
erklärt Sabine in der anschließenden Mittagspause.
Statt einem Mittagsschlaf, nach dem mir jetzt wäre – für mich als Bürokind
ist es ganz schön ungewohnt, die ganze Zeit auf den Beinen zu sein – wartet
die nächste Kleintierfütterrunde.
Unglaublich, wie viel die verdrücken. Die
Affen bekommen wieder Obst und Gemüse, die Löffelhunde dazu noch Fisch,
die Kap­Bewohner frisches (im Winter eher frisch aufgetautes) grünes Laub
und die Erdmännchen diesmal etwas Lebendiges: Grashüpfer. Da das die letz­
ten waren, müssen wir nun die Vorräte auffüllen. Und die gibt es im Elefanten­
haus, beziehungsweise dort im Keller. In einem kleinen Raum stehende dut­
zende Terrarien und andere Tierbehälter, in denen es schwirrt und flirrt und
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Dauerhungrig: Nur fürs Futter wagen sich
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die Erdmännchen trotz Schnee und Kälte
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kurz ins Freigehege
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